Chinas Doppelte Strategie: Wie Peking Berlin umwirbt und Brüssel herausfordert

Chinas Doppelte Strategie: Wie Peking Berlin umwirbt und Brüssel herausfordert
Umworbenes Berlin, konfrontiertes Brüssel: Chinas Doppelte Strategie gegenüber Deutschland und der EU
Teaser: Seit Deutschlands China-Strategie 2023 den Kurs auf „Risikominimierung statt Entkopplung“ festlegte, verfolge Peking gezielt eine zweigliedrige Taktik, analysiert Stefan Messingschlager.
10. September 2025, 16:07 Uhr
Mit der im Juli 2023 veröffentlichten China-Strategie markierte Deutschland einen Kurswechsel: Die Beziehungen zu Peking wurden fortan als Partnerschaft, Wettbewerb und systemische Rivalität definiert. Seither balanciert China zwischen Zugeständnissen an die deutsche Wirtschaft und schärferer Gegenwehr auf EU-Ebene. Eine aktuelle Analyse des Historikers und Politikwissenschaftlers Stefan Messingschlager zeigt, wie sich diese Doppelte Strategie in den vergangenen zwei Jahren entfaltet hat.
Die deutsche China-Strategie betonte von Anfang an „Risikominimierung statt Entkopplung“ – also die Verringerung kritischer Abhängigkeiten bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung wirtschaftlicher Verflechtungen. Pekings Reaktion darauf war zweigliedrig: Einerseits beruhigende Signale an die deutsche Wirtschaft, andererseits Widerstand gegen EU-weite Maßnahmen.
Drei zentrale Entwicklungen zwischen 2024 und 2025 stellten diese Strategie auf die Probe. Die Antisubventionsuntersuchung der EU-Kommission zu chinesischen Elektrofahrzeugen (EVs) mündete am 30. Oktober 2024 in definitive Strafzölle. Gleichzeitig belasteten Spionageverhaftungen in Deutschland das Klima. Trotz dieser Spannungen brachten die EU-China-Gipfel im Dezember 2023 und Juli 2025 noch gemeinsame Erklärungen zur Klimakooperation hervor.
China verschärfte zudem die Kontrolle über kritische Rohstoffe: Durch Exportlizenzen für Gallium, Germanium und hochreinen Graphit baute Peking seinen Hebel aus. Gleichzeitig verlängerte es die visumfreie Einreise für deutsche Staatsbürger bis zum 31. Dezember 2025, um Reiseverkehr und Geschäftsabschlüsse zu fördern. Zudem leitete das Land ein Antidumpingverfahren gegen europäischen Weinbrand ein und verhängte für fünf Jahre Sonderzölle – wobei keine deutschen Unternehmen direkt von Antidumpingmaßnahmen im EV-Sektor betroffen waren.
Chinas Doppelte Strategie stabilisiert die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland, während sie EU-Politik gezielt herausfordert. Visumserleichterungen und Klimavereinbarungen signalisieren Kooperationsbereitschaft, Exportkontrollen und Zölle verdeutlichen jedoch die anhaltenden Spannungen. Die Taktik spiegelt Pekings Bemühen wider, die Beziehungen zu Berlin unabhängig von den größeren Konflikten mit Brüssel zu steuern.

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